Das taugt die Acht-Stunden-Diät

Als Studentin wollte ich einmal zwei Kilo abnehmen und begann eine Diät. Aber ich konnte mich nicht daran halten, und meine Gedanken kreisten ständig ums Essen. Es endete damit, dass ich mehr wog als zuvor. Seither mache ich einen Bogen um sämtliche Abnehmpläne. Lieber arrangiere ich mich mit ein paar Pfunden zu viel.

Warum also habe ich mich nun dazu verleiten lassen, dem neuesten Abnehmtrend zu folgen, der durchs Internet geistert? Weil die „Acht-Stunden-Diät“, wie etwa der Fitness-Autor David Zinczenko das Prinzip nennt, nichts mit Kalorienzählen zu tun hat. Vielmehr handelt es sich um ein Zeitfenster fürs Essen: Man dehnt die Zeit, in der man nachts nichts isst, auf 16 Stunden aus und nimmt nur binnen acht Stunden Nahrung zu sich, dann aber nach Belieben. Denn immer mehr Studien legen nahe, dass es nicht nur darauf ankommt, was wir essen, sondern auch wann.

Abnehmen per App – mit Eckart von Hirschhausen

Mit Intervallfasten nahm Eckart von Hirschhausen zehn Kilogramm ab – und prägte den Begriff der „Hirschhausen-Diät“. Nun gibt es das Erfolgsprogramm
auch als App. Sie verbindet die bewährte Methode des Intervallfastens mit einem Coaching von Deutschlands bekanntestem Arzt.


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Pausen sind gut

Furore gemacht hat im vergangenen Jahr ein Versuch an Mäusen, die mit besonders fettreicher Nahrung gemästet wurden. Während eine Gruppe rund um die Uhr essen konnte, wurde der anderen die Nahrung nur acht Stunden lang angeboten. Obwohl die Gesamtmenge der aufgenommenen Kalorien gleich war, unterschieden sich die beiden Gruppen nach 100 Tagen verblüffend: Die Daueresser waren fett geworden und hatten am Ende einen hohen Blutzuckerwert, einen hohen Cholesterinwert und Leberschäden. Die nicht ständig futternden Nager aber wogen nicht nur im Durchschnitt ein sattes Viertel weniger, sondern überstanden die Mast auch ohne gesundheitliche Schäden. Daraus schlossen die Wissenschaftler des Salk Institute in La Jolla, Kalifornien, eine längere Pause zwischen den Mahlzeiten könne offenbar die Folgen einer zu kalorienreichen Ernährung kompensieren.

Das ist nicht der einzige Vorteil, den „intermittierendes Fasten“ – so heißt der zeitweilige Verzicht auf Nahrung – mit sich bringt. Studien haben gezeigt: Fastende Tiere leben länger, etwa um 30 Prozent. Und die Pausen vom Essen halten nicht nur den Körper, sondern auch den Geist fit. „Fasten wirkt auf Nervenzellen ähnlich wie Training auf Muskelzellen“, sagt der Neurobiologe Mark Mattson, der in Baltimore Alterungsvorgänge erforscht. „Es ist eine leichte Form von Stress. Die Zellen reagieren darauf mit Anpassungsprozessen und funktionieren besser.“ Fasten beugt degenerativen Erkrankungen wie Alzheimer und Parkinson vor und führt dazu, dass vermehrt BDNF (Brain-Derived Neurotrophic Factor) gebildet wird, ein Stoff, der Nervenzellen sprießen lässt.

Je mehr Licht, desto mehr Zuckerkranke

Allerdings beruhen die meisten dieser Forschungsergebnisse auf Tierversuchen, und Menschen sind keine Mäuse. Deren Stoffwechsel ist um ein Vielfaches schneller. Niemand weiß, wie viel Stunden Nahrungsentzug bei Menschen dem 16-stündigen Fasten der Versuchsmäuse entspricht. Traditionelle Fastenkuren dauern vielleicht nicht ohne Grund mindestens fünf Tage. Zudem basieren auch die meisten Tierversuche auf längeren Perioden von Nahrungsentzug. Der Biochemiker Valter Longo, der Krebs und Alterungsprozesse untersucht, experimentiert mit Hungerphasen von 48 Stunden. In anderen Studien bekamen die Versuchstiere jeden zweiten Tag Futter – hungerten also 24 Stunden lang. Dieses alternierende Fasten (abwechselnd einen Tag normal essen, am nächsten maximal 500 Kilokalorien zu sich nehmen) hat sich in ersten Versuchen mit übergewichtigen US-Bürgern bewährt: Die Teilnehmer nahmen deutlich ab, Blutdruck, Blutfette und Entzündungswerte verbesserten sich – auch dann, wenn sie an ihren „normalen“ Tagen Fast Food aßen.

Jeden zweiten Tag durchgehend zu hungern, kann ich mir nicht vorstellen. Doch kann allein der Verzicht aufs Abendessen oder aufs Frühstück schon Wunder wirken? „16 Stunden sind recht kurz“, urteilt Andreas Michalsen, Chefarzt am Immanuel-Krankenhaus in Berlin, der die Forschung aufmerksam verfolgt. „Wahrscheinlich wird man so nicht alle belegten Vorteile des Fastens erfahren.“ Dennoch sei ein Versuch zu empfehlen. „Lange Esspausen sind gut, so viel ist klar. 16 Stunden fasten ist jedenfalls besser, als ständig zu futtern.“

Lange Phasen ohne Nahrungsaufnahme seien früher gang und gäbe gewesen, sagt Satchidananda Panda, der den Mäuseversuch am Salk Institute geleitet hat, der Körper sei daran angepasst. Früher endete die Nahrungsaufnahme mit Einbruch der Dunkelheit, heute gehen wir oft noch spät an den Kühlschrank – und wenige Stunden später gibt es wieder Frühstück. Panda glaubt, dass die Ausdehnung der „Fütterungszeiten“ zur Adipositas-Epidemie beige-tragen hat. Er verdeutlicht den Zusammenhang gern an einer Grafik, die nächtliches Licht und Diabetes-Raten in den Vereinigten Staaten zeigt: je mehr Licht, desto mehr Zuckerkranke.

Fettverbrennung fördern

Solange Nahrung zugeführt wird, lagert der Körper Fett in den Fettzellen und in der Leber ein. Erst nach längerer Pause beginnt er, gespeichertes Fett zu verbrennen. Dann wird die Produktion von Glukose und Cholesterin sowie die Insulinausschüttung heruntergefahren, die Leber entlastet. Entzündungsreaktionen nehmen ab, Reparaturprozesse zu. Da auch mehr Wachstumshormone ausgeschüttet werden, die den Muskelaufbau fördern, wird das intermittierende Fasten auch in Bodybuilderkreisen propagiert.

Regelmäßig zu frühstücken, folgern Zinczenko und andere Fitness-Gurus, bedeute, jeden Morgen eine Chance zu verpassen: Denn damit werde die anlaufende Fettverbrennung abrupt gestoppt. Schiebt man hingegen die erste Mahlzeit auf, laufe die Fettverbrennung weiter. Bewegung oder eine kalte Dusche kurbele sie zusätzlich an.

Morgens nichts zu essen macht mir nichts aus. Aber auf meinen Tee zu verzichten fällt mir schwer. Der wäre zwar wie Kaffee erlaubt – aber ohne Milch schmeckt mir beides nicht, und Milchzucker hemmt wie alle Zucker die Fettverbrennung. Ich steige auf puren Mate um. Die ersten Tage knurrt mir um elf der Magen. Doch je öfter ich versuche, bis mittags nüchtern zu bleiben, desto leichter fällt es mir. Offenbar stellt sich mein Körper auf Fettverbrennung um.

Der Körper gewöhnt sich an Phasen ohne Essen

Vier Monate habe ich die „Acht-Stunden-Diät“ durchgehalten, allerdings nur mäßig konsequent: Oft war die Pause nicht 16, sondern nur 15 oder 14 Stunden lang. Das sei nicht weiter schlimm, beruhigt Zinczenko. Der Körper profitiere trotzdem.

Ergebnis des kleinen Selbstversuchs: Heißhunger und der Jieper auf Süßes haben abgenommen. Mein Körper hat sich besser an Phasen ohne Essen gewöhnt. Ich kann viele Stunden durchhalten – und fühle mich gut dabei. Die Hosen sitzen lockerer, den Gürtel kann ich zwei Löcher enger schnallen. Viel Gewicht verloren habe ich dennoch nicht – drei Kilo. Immerhin. Der Trend nach oben ist gestoppt.

Zinczenko hatte mehr versprochen – und begeisterte Stimmen im Internet geben ihm recht: „Sechs Pfund in acht Tagen“, jubelt einer; „40 Pfund in vier Monaten“, „It works!“, sagen andere. Nur vereinzelt wird genörgelt: „In den sechs Wochen, in denen ich und meine Frau uns an die Anweisungen hielten, haben wir beide zugenommen.“

Michalsen erstaunen die unterschiedlichen Erfahrungen nicht: „Wenn man den Verzicht aufs Frühstück nutzt, um insgesamt Kalorien zu reduzieren, kann es funktionieren. Wenn man in der erlaubten Zeit doppelt zuschlägt, eher nicht.“ Ertappt: Wahrscheinlich habe ich in den acht Stunden einfach zu viel gegessen.

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