Medizinalcannabis: Fachverbände sehen weiteren Reformbedarf

Vergangene Woche hat der G-BA seinen Beschluss zur Aufnahme von Medizinalcannabis in die Arzneimittel-Richtlinie getroffen. Er fiel moderater aus als einige Fachverbände, darunter der Verband der Cannabis versorgenden Apotheken, befürchtet hatten. Vom Tisch ist etwa die Idee, nur noch Fachärzte sollten Medizinalcannabis verordnen dürfen. Das sorgt zwar für eine gewisse Erleichterung. Nachbesserungsbedarf und vor allem die Notwendigkeit weiterer Reformen sehen die Verbände dennoch.

Auch wenn Medizinalcannabis seit nunmehr sechs Jahren Kassenleistung ist – das Thema sorgt nach wie vor für kontroverse Diskussionen. Das zeigte sich zuletzt in einem Stellungnahmeverfahren des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), bei dem es um die Detailregelungen zur Verordnung von Medizinalcannabis in der Arzneimittel-Richtlinie ging. Die vom G-BA vorgelegte Beschlussvorlage rief bei Fachverbänden einigen Widerspruch hervor. Acht von ihnen, darunter der Verband der Cannabis versorgenden Apotheken (VCA), der Bund Deutscher Cannabis-Patienten (BDCan), die Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (ACM), und der Branchenverband Cannabiswirtschaft (BvCW), machten ihre Kritikpunkte in einer gemeinsamen Stellungnahme deutlich.

Vor allem die Vorschläge der Kassenseite ließen sie fürchten, dass sich die Patientenversorgung mit den neuen Regelungen verschlechtern würde. So fand sich in der Beschlussvorlage der Vorstoß, dass nur noch bestimmte Fachärzte Medizinalcannabis verordnen können sollten. Zudem sollte für Blüten eine Nachrangigkeit gegenüber „Cannabisarzneimitteln“ formuliert werden („Vor einer Verordnung von Cannabis in Form von getrockneten Blüten ist zu prüfen, ob andere Cannabisarzneimittel zur Verfügung stehen, die zur Behandlung geeignet sind“). Überdies sollte die Verordnung von Blüten „besonders zu begründen“ sein. 

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Vergangene Woche fiel nun nach einer weiteren Diskussion im Plenum die Entscheidung des G-BA – einstimmig sowie mit Zustimmung der Patientenvertretung. Der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken betonte, dass man sich damit exakt im vorgegeben gesetzlichen Rahmen halte und keine zusätzlichen Anforderungen stelle. Damit hatte auch der vorgeschlagene Facharztvorbehalt keine Überlebenschance – er lässt sich aus dem Gesetz nicht herleiten.

Blüten versus Fertigarzneimittel

Gerungen wurde in der Plenumssitzung noch um die Frage, ob Cannabisblüten tatsächlich nur nachrangig zum Zuge kommen sollten. Antje Haas vom GKV-Spitzenverband verwies erneut auf einen Mangel an Standardisierung bei diesen Produkten. Festgelegt habe man nun zwar einen THC-Mindestgehalt für getrocknete Blüten und Extrakte. In der Begleiterhebung des BfArM habe man jedoch festgestellt, dass die Blüten oftmals in Dosierungen Anwendung fänden, die jenseits dessen seien, was man ärztlich verordnen würde. Es gebe nur wenige Vorteile, die für die Verordnung der Blüte als Alternative zum Fertigarzneimittel sprechen, meint Haas. Daher solle den Blüten eine Nachrangigkeit gegenüber den Fertigarzneimitteln eingeräumt werden. Sibylle Steiner von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) erklärte hingegen, den gesetzlichen Vorschriften sei keine Nachrangigkeit zu entnehmen.

Hecken vermittelte: Ein Fertigarzneimittel sei Blüten und Extrakten sicher immer vorzuziehen, wenn es zur Verfügung stehe. Er schlug eine Kompromissformulierung vor, die akzeptiert wurde und nun lautet:

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